Quelle: Claudia Dreyße

Was die Wohnungswirtschaft im Jahr 2023 bewegte

Angesichts einer Vielzahl von Herausforderungen im Jahr 2023 steht die Wohnungswirtschaft vor einer äußerst schwierigen Lage. Die Handlungsfähigkeit wird durch geopolitische Spannungen und wirtschaftliche Unsicherheiten stark eingeschränkt. Neue regulatorische Vorgaben, die im Zusammenhang mit der Energiewende stehen, bringen zusätzliche Belastungen mit sich.  Zudem sind die seit Jahren steigenden Energiekosten ein Treiber der Inflation. Als Gegenreaktion auf die Inflation wurden die Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank angehoben. Diese Entwicklung hatte zur Folge, dass die Wohnungswirtschaft in ihren Finanzierungsmöglichkeiten stark eingeschränkt wurde. Vor diesem Hintergrund ist es unerlässlich, dass die staatlichen Ebenen koordiniert agieren, um eine nachhaltige Entwicklung der Wohnungswirtschaft zu unterstützen. 

Regulatorische Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft

GEG-Novelle und kommunale Wärmeplanung

Die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes mit wesentlichen Neuerungen für Anforderungen an klimafreundliche Heizungstechnik wurde am 8. September 2023 vom Bundestag beschlossen. Mit dieser Novelle geht eine signifikante Verschärfung in Bezug auf die Energieeffizienz von Gebäuden in Deutschland einher – mit massiven Auswirkungen auf die Wohnungswirtschaft. 

In Neubauten müssen ab dem 1. Januar 2024 Heizungsanlagen mit einem Anteil von mindestens 65 % erneuerbarer Energien eingebaut werden. Das GEG gewährt bestehenden Gebäuden längere Fristen, um fossile Heizsysteme durch solche zu ersetzen, die zu mindestens 65 % erneuerbare Energien nutzen. Diese Anforderungen treten jedoch erst in Kraft, sobald eine kommunale Wärmeplanung vorliegt. In großen Städten ab 100.000 Einwohnern muss diese Planung bis zum 30.06.2026 vorliegen. In Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern muss die Festlegung der kommunalen Wärmeplanung bis zum 30. Juni 2028 erfolgen. Das Gesetz sieht verschiedene pauschale Erfüllungsoptionen vor, mit denen der 65%-Anteil erfüllt werden kann. Hierzu gehören u. a. der Anschluss an ein Wärmenetz, der Einsatz von elektrisch angetriebenen Wärmepumpen sowie die Nutzung von Biomasse oder grünem Wasserstoff. In der Übergangszeit bis Mitte der Jahre 2026/2028 dürfen weiterhin Öl- und Gasheizungen eingebaut werden. Voraussetzung dafür ist eine schrittweise Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien ab 2029. Hinzu kommt ein verpflichtendes Beratungsgespräch mit einem Energieberater.

EU-Gebäuderichtlinie (EPBD)

Die Vertreter des Europäischen Parlaments, der Mitgliedsländer und der EU-Kommission haben sich Ende des Jahres 2023 auf die wesentlichen Punkte der neuen EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) geeinigt. Die EU-Gebäuderichtlinie zielt auf eine Klimaneutralität des Gebäudebestands innerhalb der EU bis zum Jahr 2050 ab. Der Energieverbrauch und der damit einhergehende CO2-Ausstoß sollen mit dieser Richtlinie deutlich reduziert werden. 

Alle neuen Gebäude sollen ab 2030 den Standard eines „zero-emission building“ einhalten. Solche Gebäude dürfen keine Emissionen aus fossilen Brennstoffen mehr aufweisen. Zudem soll der Primärenergieverbrauch des Wohngebäudebestands bis zum Jahr 2030 um 16 % und bis zum Jahr 2035 um 20 bis 22 % reduziert werden. Die energetisch schlechtesten Wohngebäude sollen mindestens 55 % der erforderlichen Energieeinsparung liefern. Des Weiteren sollen Maßnahmen seitens der Mitgliedsstaaten getroffen werden, damit die Nutzung von Heizkesseln mit fossilen Brennstoffen bis zum Jahr 2040 vollständig eingestellt wird. Die Förderung von fossilen Heizungen soll nur noch bis zum Jahr 2025 möglich sein. Nach Bekanntmachung der Richtlinie im Amtsblatt der Europäischen Union sowie dem Inkrafttreten haben die Mitgliedsstaaten in der Regel eine Frist von zwei Jahren zur Umsetzung der Vorgabe in nationales Recht. 

 

Klimaschutzgesetz (KSG)

Durch die Novelle des Klimaschutzgesetzes hat die Bundesregierung ihre Klimaziele verschärft und das Ziel der Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2045 festgelegt. Bis zum Jahr 2030 sollen die Emissionen um mindestens 65 % im Vergleich zum Referenzjahr 1990 reduziert werden. Diese ambitionierteren Ziele haben auch Auswirkungen auf die CO2-Minderungsziele bis 2030 in den verschiedenen Sektoren. Neben Sektoren wie Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr und Landwirtschaft wird auch der Gebäudesektor durch die angepasste Zielsetzung beeinflusst.

EnSimiMaV

Infolge der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelösten Energiekrise wurden im Jahr 2022 zwei Verordnungen erlassen, die zur Versorgungssicherheit beitragen. Durch gezielte Einsparmaßnahmen sollten diese Verordnungen vor Versorgungsengpässen schützen. 

Die Kurzfristenenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung (EnSikuMaV) wurde auf Basis des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) erlassen und regelte vom 1. September 2022 bis zum 15. April 2023 Energiesparmaßnahmen für Unternehmen und Wohnräume.

Die sogenannte Mittelfristenenergieversorgungsmaßnahmenverordnung (EnSimiMaV) regelt seit dem 1. Oktober 2022 technische Energieeinsparmaßnahmen in Gebäuden und wird am 1. Oktober 2024 außer Kraft gesetzt. Diese sieht die Heizungsprüfung und -optimierung sowie die Durchführung eines hydraulischen Abgleichs von zentralen Gasheizungen vor. Im Zuge der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), die zum 1. Januar 2024 in Kraft trat, wurden diese Anforderungen in das GEG überführt und auf alle Heizungen mit Wasser als Wärmeträger ausgeweitet. Eine Ausnahme bilden hier Wärmepumpen, für die eigene Bestimmungen zur Optimierung nach dem GEG gelten.

EU-Taxonomie

Die EU-Taxonomieverordnung, Teil des Green Deals, zielt darauf ab, den Finanzsektor zu nachhaltigen Investitionen zu bringen. Die Verordnung umfasst Richtlinien zur Festlegung, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit oder Investition als ökologisch nachhaltig gilt. Zukünftig wird erwartet, dass die Finanzierung von Investitionen, die die Kriterien nicht erfüllen, teurer sein wird als die von ökologisch nachhaltigen Investitionen. Eine wirtschaftliche Tätigkeit wird gemäß dieser Verordnung als nachhaltig betrachtet, wenn sie wesentlich zu einem der in der Taxonomieverordnung genannten sechs Umweltziele beiträgt, ohne dabei die anderen Umweltziele erheblich zu beeinträchtigen. 

Für Wohnungsunternehmen relevant sind vor allem die beiden ersten Umweltziele, die sich mit dem Klimaschutz und den Anpassungen an den Klimawandel beschäftigen. 

Es existieren technische Bewertungskriterien, um festzulegen, wann eine wirtschaftliche Tätigkeit gemäß der Taxonomieverordnung als ökologisch nachhaltig gilt. Unter anderem existieren spezifische Vorgaben für den Neubau und die Renovierung von Gebäuden sowie den Ankauf von Bestandsgebäuden.

MARKTBEDINGTE HERAUSFORDERUNGEN

Ukrainekrieg, Inflation und hohe Zinsen

Der seit Februar 2022 andauernde russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die damit einhergehende Verknappung von Energie sowie die Unterbrechung von Lieferketten beeinflussen die Wohnungswirtschaft in vielfältiger Weise. Der steigende Zustrom von Geflüchteten erhöht den Druck, bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen. Zeitgleich erhöhen sich die Kreditkosten durch die Inflation und den damit verbundenen Anstieg der Leitzinsen. Das Zinsumfeld beeinträchtigt die Investitionsentscheidungen von Wohnungsunternehmen, sodass Projekte verschoben werden müssen. Darüber hinaus fehlen weiterhin notwendige Förderungen seitens der Politik, um die dringend erforderliche Klimawende in der Wohnungswirtschaft voranzutreiben.

Hohe Baukosten, Materialengpässe und Fachkräftemangel

Seit Jahren sind Wohnungsunternehmen mit einer herausfordernden Wirtschaftslage konfrontiert, die durch kontinuierlich steigende Baukosten und Materialengpässe verursacht wird. Diese Entwicklungen haben weitreichende Auswirkungen auf die Branche und behindern die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Die Ursachen für die hohen Baukosten sind vielfältig. Zum einen sind Preissteigerungen bei Baustoffen wie Holz, Stahl und Beton zu verzeichnen, die auf eine hohe Nachfrage, Lieferengpässe und die Auswirkungen des Ukrainekriegs zurückzuführen sind. Zudem wirken sich die stark gestiegenen Energiekosten auf die Baukosten aus, da die Herstellung und der Transport von Baustoffen energieintensiv sind.

Des Weiteren verteuern Lieferverzögerungen und Baustopps infolge der Materialengpässe nicht nur Bauprojekte, sondern verlängern zusätzlich die Bauzeit. Auch der anhaltende Fachkräftemangel macht nicht vor der Wohnungswirtschaft halt. Neben damit verbundenen Verzögerungen bei Bauprojekten und generellen Kostensteigerungen kann es aufgrund des Zeitdrucks bei zeitgleicher Personalknappheit auf Baustellen zu Qualitätseinbußen bei der Bauausführung kommen. Solche Mängel müssen nachträglich behoben werden.

Zusätzlich führt der Fachkräftemangel in Verbindung mit der hohen Inflationsrate zu einem signifikanten Anstieg der Lohnkosten. Unternehmen sind gezwungen, höhere Löhne zu zahlen, um qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu halten. Diese Lohnsteigerungen, die weit über den üblichen Tarifsteigerungen liegen, bringen somit weitere finanzielle Belastungen mit sich.